Wer fürchtet sich vorm lila Lachs? Märchen mal anders

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Märchenklassiker in neuem Rahmen

Michael Roher und Elisabeth Steinkellner entführen kleine und große Leser in “Wer fürchtet sich vorm lila Lachs?” in unterhaltsame Märchenwelten, die zum Teil bekannte Elemente aufnehmen, vor allem aber frischen Wind in Märchenform bringen. Geschrieben wurden die Märchen von Michael Roher (*), Elisabeth Steinkellner (**) und Catrin Roher (***).

Von frechen Lumpen, einem charmanten Spieglein und einem Riesen-Chaos in der Stadt

Es wechseln sich kurze (1-2 Seiten) und längere Geschichten (auch mal 10+ Seiten) ab. Manches ist gereimt, meist wird einfach märchenhaft erzählt. Die Reise in das phantastische Märchenland von Roher und Steinkellner beginnt mit einem “frechen Lump”, der sogar Max und Moritz und die Gebrüder Grimm ordentlich ärgert. Wer hätte gedacht, dass ihn ausgerechnet ein lila Lachs ausbremst?!

Weiter geht’s mit dem Spieglein an der Wand der Königin (*), das sehr genau weiß, dass Schönheit im Auge des Betrachters liegt und die Königin trotz Relativierung verzückt. Danach entschließt sich der Riese Polkenudel (*) zu einem ausgedehnten Spaziergang, der ihn zu einem langen Schläfchen in einer Stadt führt und dort zuerst ein ganz schönes Chaos auslöst. Doch langfristig wirbelt der ungebetene (und eigentlich teilnahmslose) Gast das Leben der Stadtbewohner auf das Schönste durcheinander.

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Rotkäppchen und Wolf, zwei Bären und das Fliegen und eine etwas andere Rapunzel-Geschichte

Wie wäre das, wenn Rotkäppchen und der Wolf die besten Freunde sind? Gäbe es trotzdem ein Abenteuer zu erleben? Definitiv - eine Freundschaftsgeschichte mit einer Oma, die wenige Gebrechen und viel Verständnis hat (**). Danach träumen zwei Bären vom Fliegen, aber das klappt nur mit viel Phantasie (*).

Eine meiner persönliche Lieblingsgeschichten ist aber die von Rapunzel (*) – ganz nahe am Original und trotzdem ganz weit weg davon. Bei Rohers Rapunzel geben die Eltern das Kind nämlich weg, weil sie sich ein Mädchen gewünscht, aber einen Jungen bekommen haben. Das Baby findet aber schnell ein liebevolles Zuhause und wächst zu einem ganz normalen Teenager heran. Einzig die Vorliebe für junge Männer teilen Rohers Rapunzel und das Original. In einer Gewitternacht steht ein junger Hänsel vor dem Turm und sucht Unterschlupf vor dem Unwetter. Der junge Rapunzel bietet seinen praktischerweise lang genug gewachsenen Bart als Leiter an, um den jungen Hänsel rauf in sein Zimmer zu schmuggeln wo sie sich – wie in allen guten Märchen ;-) – in Sekundenschnelle verlieben.

Von einem furchtsamen Weltenbummler, einem Wackelpudding-Märchen und einem Stanislaus, der die Gunst der Prinzessin erobern will und eine Rosemarie findet

Weiter geht es mit einem Doktor Ferdinand Fürchtenichts (**), der sich allerdings vor so gut wie allem fürchtet – bis ihn ein Pavian mit der Einladung “mal eine Runde zu drehen” überrumpelt und sie gemeinsam die Welt entdecken. Überraschenderweise fürchtet sich Ferdinand in diesen 1122 Tagen nur ganze 12 Mal und jedes einzelne Mal aus total nachvollziehbaren Gründen. Also bleibt er Weltenbummler und kehrt nicht mehr in sein einsames Leben als Dorfarzt zurück.

Dann streut Steinkellner ein kurzes Zwischenstück über eine Wackelpudding-tragende Frau (**) ein, um danach von Stanislaus’, dem grandiosen Rosenzüchter und flinken Himbeerpflücker, zu erzählen, der sich aufmacht, der heiratswillingen Königstochter zu imponieren und über einige Umwege gerade noch rechtzeitig zur Hochzeit kommt, aber die Zofe mit der Königstochter verwechselt und sich trotzdem in sie verliebt.

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Drei Wünsche, die WG der 7 Greislein und ein Prinzessinnen-Kodex

Der bettelarme Aladin findet auch in Steinkellners Version einen Lampengeist (**), hat aber weniger hochtrabende Wünsche.

Meine zweite Lieblingsgeschichte im Buch ist jene von der in die Jahre gekommenen Junggesellen-WG, die sich auf die Suche nach einer Haushaltshilfe macht. Als erstes zieht eine vermeintliche Traumfrau ein, die bringt die Männerrunde aber ganz schön ins Zanken, danach vertrauen sie sich einer robusten Hermine an, die sich aber als eine andere Herausforderung herausstellt. Schließlich erobert der zunächst recht einschüchternde, starke und – wie sich herausstellt – hervorragende Krankenpfleger und Koch Wolf(gang) ihre Herzen.

Anschließend lässt der 23 Regeln umfassende, durch den König erlassene Prinzessinnen-Kodex (***) viele Prinzessinnen auf ihr Märchenschloss verzichten.

Ein ungleiches Paar mit Herzen in den Augen und ein einsamer Elvis mit schlechtem Ratgeber

Ein kleines Äffchen hat das Verliebt-sein rund um sich herum satt – und die guten Ratschläge ebenso. Dem Kamel geht es gleich. (**) Als sich die beiden in der Welt treffen, entsteht eine innige Freundschaft mit genauso rosa Herzchen in den Augen und goldenem Fell wie bei den anderen – und trotzdem ein wenig anders.

Eines Tages trifft der bereits recht erfolgreiche Elvis (*) auf einen Geschäftsmann, der zwar immer gute Vorschläge für ihn bereit hält, aber dessen Sinn für Gewinnmaximierung kaum Platz für Elvis’ ursprüngliche Leidenschaften (Musik und Menschen) übrig lässt. Während Elvis immer reicher wird, wird er gleichzeitig auch immer einsamer. Am Ende schafft es Elvis aber doch, die gute Idee des Geschäftsmannes mit seinen eigenen Vorlieben zu verbinden und findet das große Glück.

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Ein unscheinbarer Schuh, eine unscheinbare Parkbank-Besetzerin und ein unscheinbarer Kaiser mit großem Auftritt

Prinz Horst nimmt sich die Geschichte vom Aschenputtel zum Vorbild und erobert mit einem Gummistiefel seine Nachbarin. (*)

Der niederländische Fahrradbote und Kistenflieger Hanns Örlichson, lässt die von der Ignoranz ihrer Mitmenschen schrumpfende Renata von der Parkbank (*) wieder auf Normalgröße wachsen. Und der unscheinbare Kaiser wird dank der Beratung von Elvis und seinem “Adamskostüm” zum –zwar umstrittenen aber doch – bewunderten Star.

Ein etwas anderer Suppenkaspar, ein kleiner Drache, der eine heiratsunwillige Prinzessin rettet und der Aufstand der Märchenfiguren

Bei Steinkellner ist der Suppenkaspar (**) ein hervorragender und allseits beliebter Suppenkoch. Eines Tages trifft er aber auf einen Kunden, der auf Krawall gebürstet ist, doch da hilft der Zufall und eine Kettenreaktion aus der Patsche.

Bei den Schugaschnecks (*) denkt der König über den Ruhestand nach, braucht aber vorher einen Prinzen für seine Tochter Kathi. Die findet aber die Prinzen, die Party, die der König extra organisiert hat und eigentlich auch die Idee mit dem Heiraten ziemlich blöd. Das ist zuerst etwas peinlich für den König, aber zum Glück taucht ein (kleiner) Drache auf, der die Aufmerksamkeit der edlen Ritter und stolzen Gockel sofort auf sich zieht und Kathi von dem Prinzen- und Grafenauflauf befreit.

Und zum Abschluss protestieren (**) noch Schwiegermütter und Hexen dagegen immer nur als die Bösen aufzutreten, streng geflochtene Zöpfe öffnen sich, Zwerge fordern Hauptrollen und das hässliche Entchen will endlich nicht mehr gemobbt werden, Zauberer verzichten auf ihre Magie und alle marschieren Schneewittchen nach, die beschließt: “Ich gehe!”

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Wer fürchtet sich vorm lila Lachs?*
Luftschacht Verlag
Michael Roher, Elisabeth Steinkellner
ISBN: 978-3-902844-21-7
Empfohlenes Alter: ab ca. 5 Jahren
ca. 18 Euro

(Der Titel oben verlinkt auf den Verlag.*)